DER HANDSCHUH
Simone Schmidt

Ein Handschuh dient der Handbekleidung ,als Schutz und ist modisches Accessoire, bestehend aus Handteil und Fingern, Daumen, „Schichteln" genannten Keilen zwischen den Fingern und Stulpe.

Ägypter, Griechen und Römer trugen bei der Feld und Gartenarbeit Handschuhe, wahrscheinlich in Form eines kleinen Sacks aus Stoff oder Fell; Griechen und Römer trugen beim Essen dünne Fingerlinge als Schutz, da sie mit den Fingern aßen; Perser und Germanen der Bronzezeit als Kälteschutz Faust-Handschuhe aus Schafwolle.

Der Handschuh wurde für liturgische Funktionen übernommen und ging im frühen Mittelalter bereits als Finger-Handschuh (mit Aussparung für den Ring) in das Bischofs- und das weltliche Herrscherornat über. Im Mittelalter war seit dem 8. Jh. Der Finger-Handschuh Herrschafts- und Rechtssymbol. Es gab spezielle Jagd- und Falkner-Handschuhe; die niederen Stände durften nur Faust-Handschuhe tragen. Um 1000 kam der Damen-Handschuh auf.

Lucas Cranach: Handschuhe der Judith
Der Handschuh, meist ein Stulp-Handschuh, war aus Ziegen-, Kalbs-, häufiger aus Hundeleder oder aus Seide genäht, weshalb er noch schlecht saß. Die Stulpe, meist separat angesetzt, oft reich mit Edelsteinen, Perlen und Goldknöpfen bestickt, endete in Fransen. Die erste französische Innung der Handschuh-Macher gab es 1190; Hugenotten brachten die Handschuh-Fabrikation nach Deutschland; Leder-Handschuhe wurden vom Beutler angefertigt. Die besten Handschuh-Qualitäten kamen aus Spanien. Im späten Mittelalter wurde der Handschuh zum Modeartikel der höheren Stände. Im 14./15. Jh. kamen fingerlose, über der Handfläche und dem Handrücken spitz in einer Schneppe auslaufende Damen-Handschuhe, sog. Halb-Handschuhe oder Mitaines, auf und gleichzeitig pelzgefütterte Winter-Handschuhe. Im 13. Jh. gab es erste gestrickte, seit dem 17. Jh. gewirkte Handschuhe aus Seide, z.T. mit eingearbeiteten Gold- und Silberfäden. Sie waren immer hochgeschätzte Geschenke. Leder-Handschuhe waren stark parfümiert, wahrscheinlich um den Gerbgeruch zu überdecken, und hatten sehr breite, weite Stulpen, oft aus anderem Material, z.B. Atlas oder Seide; sie wurden mit Karton versteift und mit Seide gefüttert. Höchstens Standespersonen vorbehaltene Exemplare waren bestickt und mit Goldspitzen oder eingeklöppeltem Goldfinger umrandet. Der Seitenschlitz war oft mit Spitze verbunden. Max Klinger: aus "Ein Handschuh" 1881

Im 16. Jh. wurden Handschuhe Allgemeingut. Die kostbarsten Stücke des 17. Und 18. Jh.s kamen aus der irischen Stadt Limerick, nach der sie benannt wurden. Sie bestanden aus der Haut ungeborener Schafe und waren so dünn, daß sie in einer Nußschale Platz fanden. Im 17. Jh. trugen die Herren Handschuhe mit besonders weiten, aufgestellten Stulpen „a la Crispin". Ende des Jh.s wurden die Handschuhe in ihrer Ausstattung einfacher. Damen bevorzugten im 17. Und 18. Jh. die vorn spitz auslaufenden oder auch gerade endenden Halb-Handschuhe, da sie eine sehr schmale Hand machten.

Im 18. Jh. trug der Herr seltener Handschuhe als zuvor, gewöhnlich zur Jagd. Der Damen-Handschuh variierte am stärksten in der Länge, die sich meist nach der Ärmellänge richtete. Material und Farbe paßten sich der Kleidung an. Zu den kurzärmeligen Chemisen und später ebensolchen Ballkleidern reichten die Handschuhe bis zum Oberarm.

Im 19. und bis Anfang des 20. Jh.s wurde auch für den Herrn der Handschuh wieder unerläßlich. Im letzten Viertel des 19. Jh.s kamen Handschuhe aus merzensierter Baumwolle auf den Markt. Anfang des 20. Jh.s kamen für den Damen-Handschuh formgerechte Kulier- oder Einnaht-Finger-Handschuhe, für den Abend Netz-Handschuhe mit eingewebtem Muster, die auf der Jacquard-Petinet-Maschine hergestellt wurden und 1929 der Karlsbader-Handschuh auf. Außerdem wurde Spitzen-Handschuhe modern. Für Leder-Handschuhe wird Glaceleder geschätzt Als Sport-Handschuhe beider Geschlechter werden meist Fäustlinge aus Leder, Strick oder Segeltuch verwendet (Golf-Handschuh). Seit Ende der 1950er Jahre wird der Handschuh meist nur als Kälteschutz und weniger aus modischen Gründen getragen.

Elsa Sciaparelli 1939
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Handschuh-Wahrnehmungen