"Subjektives zum Mantel"

Susanne Gerhards
S.Gerhards@freenet.de

  • „Besonders der Mantel ist wie ein Haus, in welchem man sich frei bewegt. Er ist einerseits zwar getragen, aber nur an einem Punkt, an der Schulter z. B., befestigt; im übrigen aber entwickelt er seine besondere Form nach den Bestimmungen seiner eigenen Schwere, hängt, fällt, wirft Falten, frei für sich, und erhält nur durch die Stellung die besonderen Modifikationen dieser freien Gestaltung." (G. Fr. W. Hegel, Ästhetik)
  • Ein Mantel im Sinne eines Kleidungsstücks kann den Körper wärmen und schützen. Er kann Geborgenheit geben und unerwünschte Blicke abhalten. Er kann auch Ausdruck von sozialem Rang sein, man denke nur an liturgische Bekleidung wie etwa die Pluviale. Ein weiterer Aspekt, der sich mir nicht unbedingt als erster ausdrängt, ist der erotische. Ein Mantel kann im Bereich des Fetischismus eine große Bedeutung haben, sei er aus Leder oder Lack, getragen von einer Domina, oder aus Pelz. Den wohl berühmtesten Pelzmantel der Literatur beschreibt Leopold von Sacher-Masoch in seinem Roman "Venus im Pelz", in dem Wanda, die "Herrin", ihrem "Sklaven" Severin verspricht, "so oft als möglich im Pelz zu erscheinen, besonders wenn sie gegen ihren Sklaven grausam wird." Hier ist der Pelzmantel nicht bloßes Luxusobjekt, das Reichtum demonstriert, sondern eindeutig ein Fetischgewand. Die Bedeutung der taktilen Erotik des Pelzes ist hier enorm.
  • Freud erklärte den Pelzfetischismus damit, dass Pelz die Schamhaare der Mutter symbolisieren, in deren Mitte (der Fantasievorstellung des kleinen Jungen zufolge) ein Penis zu sehen sein sollte. Ob diese Interpretation überzeugt, sei dahingestellt.
  • "Verzückung" umfängt jedenfalls Severin, als " die elastischen Zobelfelle sich begehrlich an ihren kalten Marmorleib schmiegen und der linke Arm, auf den sie sich stützte, wie ein schlafender Schwan in dem dunklen Pelz des Ärmels lag, während ihre Rechte nachlässig mit der Peitsche spielte."
  • Die Wahrnehmung von Pelz auf nackter Haut ist für ihn eigenartig und aufregend, aufgeladen mit statischer Elektrizität, verbindet sich aber auch mit "Tyrannei", "Grausamkeit" und "Treulosigkeit eines schönen Weibes".
  • Der Mantel kann also, ob vom Träger/von der Trägerin oder vom Betrachter, durchaus als erotisch wahrgenommen werden, vor allem der Pelzmantel, dessen eigentlicher Zweck, der Schutz bei extremer Kälte, völlig außer acht gerät.
  • Literatur:
  • Wisniewski, C.: Kleines Wörterbuch des Kostüms und der Mode. Stuttgart 1996.
  • Loschek, I.: Reclams Mode- und Kostümlexikon. Stuttgart 1999.
  • Steele, V.: Fetisch. Mode, Sex und Macht. New York 1996.
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