- In den ersten Jahren
des zwanzigsten Jahrhunderts gab es keine drastischen
Änderungen in der Kleidermode, und so blieben kleinere
Ohrgehänge weiterhin beliebt. Mit dem Ausbruch
des ersten Weltkrieges kam die Schmuckproduktion zum
Erliegen, da man den Juwelieren das Platin, das derzeit
wichtigste Material zur Herstellung von Schmuck, aus
ihren Werkstätten nahm. Nach dem ersten Weltkrieg
hatten die Frauen ihre Kleider gekürzt und ihr
Haar geschnitten. Als Folge dessen begannen Ohrringe
mehr denn je eine herausragende Rolle zu spielen, da
sie den Raum zwischen der kurzgeschnittenen Frisur und
den Schultern überbrückten.
- Gemeinsames Kennzeichen
der Ohrringe aus den zwanziger Jahren waren ihre betont
senkrechte und geometrische Linie (Bild S.158), sowie
die Verwendung von Edelsteinen auffallender und kontrastierender
Farben. Neben dem Interesse an farbigen Kontrasten wuchs
auch das Interesse an dem Unterschied zwischen matten
und polierten Oberflächen.
- Gegen Ende des Jahrzehnts
wurde der Schmuck von Motiven beeinflusst, die aus der
Industrie und von mechanischen Werkzeugen stammten,
z.B. stilisierte Motive von Schrauben und Schraubenmuttern
mit eingefassten Diamanten.
- Die Clipbrisur (Brisur=
feines Gelenk, mit dem Ohrringe befestigt werden) brachte
um 1930 eine revolutionäre Neuerung in die Geschichte
des Ohrrings. Ohrklipps sind ein Ohrschmuck, der nicht
wie der Ohrring durch ein feines Loch im Ohr durchgesteckt,
sondern durch einen Mechanismus festgeklemmt wird. Zu
der Zeit war er ein bevorzugter Gegenstand der Mode,
der oftmals mehr als schmückendes Beiwerk, anstatt
als Kostbarkeit angesehen wurde. Frauen konnten nun
endlich auch schwere Ohrringe ohne Durchbohren des Ohrläppchens
tragen. Sie hielten sicher am Ohr und schmückten
dasselbe nun auch am oberen Teil. Auch der modische
Bügelohrring wurde der neuen Brisur angepasst,
als offener Ring am Ohrläppchen angeklemmt und
erweckte den Anschein eines Ohrloches.
- Schon 1940 waren Ohrklipps
überall vorherrschend. Obwohl jetzt kompakte Ohrklipps
als Ohrschmuck bevorzugt wurden, verschwanden die Ohrgehänge
nicht vollständig.
- Auch die fünfziger
Jahre ließen der Frau jegliche Freiheit, ihr Haar
nach Wunsch zu stecken und Schmuck zu tragen.
- In den sechziger Jahren
verschwindet der bisher sehr aufgeprägte Unterschied
zwischen kostbaren Ohrringen für den Abend und
weniger kostspieligen Goldohrringen für den Tag.
Alle Typen waren erlaubt, hauptsache sie waren groß
und dekorativ.
- Nach 1970 scheint
sich die Form der Ohrringe, ebenso wie die Kleider-
und Haarmode, von allen Fesseln zu befreien, um eine
fast unendliche Variationsbreite vorzustellen (Ohrringe
mit großen Gehängen, verschiedenen Steinen,
unterschiedlichen Motiven, abwechselnden Farben, etc....)
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- In den achtziger Jahren
wurden Ohrringe dann in einem Ausmaß Mode, dass
man sie als Schmuckstück des Jahrzehnts bezeichnen
konnte. Sie konnten stets ohne Hintergedanken gekauft,
verschenkt und ausgewechselt werden, da sie keine sentimentale
Bedeutung wie z.B. ein Ring hatten. Alle Ohrringe mussten
allerdings folgende Kriterien erfüllen: auffallend,
groß, grell und bunt.
- In den neunziger Jahren
deutete ebenfalls nichts darauf hin, dass Ohrringe an
Beliebtheit verloren hätten. Ihr Formenreichtum,
ihr Glanz und ihr raffinierter Entwurf können sich
neben den Modellen jedes neuen Jahrzehnts sehen lassen.
- Ohrringe gehören
seit den letzten zehn Jahren zu den beliebtesten Schmuckstücken.
Die meisten Frauen besitzen eine ganze Anzahl davon
und würden sich ohne Ohrringe unbekleidet fühlen.
In der Geschichte haben sich Ohrringe - im Gegensatz
zu anderen Arten von Schmuck - seit ihren Anfängen
um 3000 v. Chr. in Form, Größe und Entwurf
stets geändert, wodurch ihre Entwicklung ein reges
Interesse geweckt hat.
- Das Tragen von Ohrschmuck
war in den europäischen Kulturen bis in die heutige
Zeit eher den Frauen vorbehalten. Im ausgehenden Mittelalter
begannen auch Männer Ohrringe zu tragen. Bei bestimmten
Berufsgruppen (z.B. Zimmerleuten) hielt sich der Brauch
bis in unsere Zeit. Heutzutage sind Ohrringe zum alltäglichen
Schmuck geworden, mit dem viele sogar schlafen gehen.
Häufig kann man sie passend zu Halsketten oder
in Kombination mit Armbändern erwerben.
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