Utopie

Damit ich Dich verstehe,
Muß ich dein Bild geometrisieren.

Die Berührungen zwischen uns
sind Kanäle (Pfeile),
nicht zerfaserte Blitze.

Es bleibt dabei vieles
(fast alles)
ausgespart.

Jede Handlung
ist die Negation
aller übrigen möglichen.

Alles nicht Getane,
alles nicht Gesagte,
lässt Möglichkeiten offen.

Deshalb habe ich Furcht...
wie Parzival vor der Gralsfrage.


Die Vase
("Vasensymphase")
zwei Ansichten:
A: von den Silhuetten der Portraits
B: von den Umrissen des Pokals

Die Lippen auf den Lippen
schließen den Zwischenraum aus.

Die feste Verbindung der Körper
zerschmilzt die geometrische Spannung.

Deshalb taste ich lieber Deine Aura ab
als die Oberfläche Deiner Haut


Adam und Gottvater
Michelangelos Fingerzwischenräume ...

Ich sitze am Tisch,
schreibe und trinke.
Astrid geht hin und her.

Der Zwischenraum
unserer Körper
verändert sich im gleitenden Wechsel.


Skulptur = die Summe aller Zwischenräume
zwischen uns
an diesem Abend.

Türe:
2 Lichthöfe
2 Bilder
2 dunkle Türflächen.


Utopie will die Welt abstrakter haben
(und damit begreifbar).
Liebe will Wirklichkeit schaffen
(und damit die Welt ein bisschen reicher).

Musik.
(Schlager hört auf — Stille).
Lautmusik der Stimmen
abschwellend, anschwellend
und das Klatschen der Karten.

ini di a ni di
onooro
tschtsch
[oh oh uh]
pappapp
krkt
i dai mai mi mi hoi
dong

Das Geräusch des Lachens ist abstrakter,
als wenn ich feststelle: da lacht einer
(zum Beispiel "meckernd")
Die Interpretation der Sprache
macht unsere Welt verstehbarer
und ärmer...

Der Abend verplätschert...
Das Lächeln der Männer wenn sie bezahlen.
Astrid hat Kopfweh.

Astrid hat nicht die Freiheit,
für solche Gedanken Zeit zu verschwenden.
Vielleicht in den Pausen
zwischen der Arbeit.

(Astrid ist siebzehn Jahre und Kellnerin.
Sie hat Angst, wenn sie alleine ist)

Planneralm, März 1988
(die Zeichnungen entstanden gleichzeitig)

 

 

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