Begegnung in Amsterdam
Michael Cornelius Zepter — Seite 5 (Spuren und Zeichen, Forts.)

 

(„Seelenblindheit“? Verdrängung? Mangelndes Problembewusstsein? Judensterne tauchen übrigens noch in einem anderem Blatt auf: Im Kopfkissen des sterbenden Faust vor dem Höllenrachen; und hier unübersehbar deutlich!)
Beckmann, der „ewige Jude“, der Ausgestoßene und Verfolgte? Die durchgehend kritische und distanzierte Haltung, die aus den Tagebuchnotizen der Entstehungszeit spricht, schließt sentimentales Selbstmitleid aus. Zeit und Umstände lassen m.E. nur eine Deutung zu: Hier stellt sich ein Mensch bewusst auf die Seite der Verfolgten, identifiziert sich mit denen, die als Zeichen der Ausgrenzung gezwungen wurden, den Judenstern anzuheften.
Immerhin hat Françoise Forster-Hahn Beckmanns Identifikation mit dem Schicksal des jüdischen Volkes an einem weiteren Blatt aus dem 5. Akt festgestellt – in der Szene mit Philemon und Baucis. Wie sie bemerkt, weicht Beckmann hier ab von der deutschen ikonographischen Tradition des „tätigen Faust“, des Planers und Industriellen. Betont schlicht und zurückhaltend zeigt er das Paar der beiden Alten als Juden mit Blick auf das fern liegende „Gelobte Land“.* Die Zeichnungen und Bilder, an denen Beckmann unermüdlich bis zur völligen körperlichen Erschöpfung arbeitet, Werke ohne Publikum, an deren Notwendigkeit und spätere Wirksamkeit er unerschütterlich glaubt, werden zu verschlüsselten Botschaften seiner Anteilnahme an der Apokalypse der Zeit..


* „In a sharp break with this tradition Beckmann instead identifies Philemon and Baucis with the contemporary fate of the Jewish people.“ (a. a. O. S. 533)

In den Jahren von 1942 und 1943 arbeitet Beckmann auch an einer Mappe mit handkolorierten Lithographien zur Apokalypse. Sie erscheint in 24 nummerierten Exemplaren, gedruckt 1943 als Privatdruck der Bauerschen Gießerei in Frankfurt am Main.


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