Begegnung in Amsterdam
Michael Cornelius Zepter — Seite 8 (Die Judenbraut)

 

Die Judenbraut


Rembrandts sogenannte „Judenbraut“ wurde früher auf 1668 datiert, die neuere Forschung setzt das Entstehungsjahr um 1665 an. Heute hängt das Bild als Dauerleihgabe der Stadt Amsterdam im Rijksmuseum.
Ein Mann zwischen dreißig und fünfundvierzig Jahren, prächtig gekleidet in ein orientalisierendes Goldbrokatgewand, einem gegürteten Überrock mit weit gebauschten Keulenärmeln. Der gleichfarbige Mantel bzw. Umhang gleitet nach hinten über ein verdecktes Möbelstück (Sessellehne?). Er trägt einen kurzen blonden Bart, zeigt eine ausgeprägte Nase und lange Locken an den Schläfen, so wie es heute noch die orthodoxen Juden tragen, dazu trägt er einen breitkrempigen, schwarzen Hut, mit eingekerbtem Rand.*

Die „Braut“ ist jung, ihr Gesicht rundlich, leicht gerötet; ihre dunklen Augen sind gesenkt; der kleine volle Mund zeigt den Hauch eines „sinnenden“ Lächelns. Ihr gelocktes dunkelblondes Haar fällt bis auf die Schultern und ist mit einem verzierten Kamm am Hinterkopf zusammengesteckt. Ihr Gewand ist ausgesprochen prächtig: Brokatspitze, gestufte Ärmel aus Seide und Brokat kombiniert, das flach an den Busen gedrückte Mieder und der weit gebauschte Rock leuchten in monochromen Rot vom Rotorange bis zum Zinnober. Dieses Rot bildet zusammen mit den Gold- und Ockertönen, den sparsamen Andeutungen von Weiß (Perlen, Spitzenkragen des Mannes) sowie den dunklen Brauntönungen des Hintergrundes (Siena, gebr. Umbra) einen großen, glühenden Farbklang.
(Van Gogh ist so fasziniert von diesem Bild, dass er bei einem Besuch bemerkt, er gäbe gerne 10 Jahre seines Lebens, wenn er nur einmal vierzehn Tage und Nächte vor diesem Bild verbringen dürfte – bei Wasser und Brot.)


Die junge Frau blickt nachdenklich in die untere Ecke des Bildes, ihr Kopf ist leicht gegen die Schulter des Mannes gerichtet, welcher sich ebenfalls mit leichtem Lächeln ihr entgegen beugt, die Linke fürsorglich um ihre Schulter gelegt. Mit der rechten, ausgebreiteten Hand greift er nach ihrer Brust, oder besser, er legt sie behutsam unter ihre Brust auf ihr Herz und diese Geste ist so zurückhaltend, fast scheu, dass das Bild von manchen Interpreten über-haupt nicht erotisch gedeutet wurde.
Die Braut berührt mit der linken Hand ebenso zart die Rechte des Mannes und man zweifelt, ob die Geste zustimmend oder ablehnend gemeint ist, ihre Rechte ruht unter ihrem Bauch, vielleicht ein Hinweis auf (künftige) Mutterschaft. Beide Hände tragen Ringe – die Linke am kleinen Finger, die Rechte am Zeigefinger. Zusammen mit den orientalischen Ohrgehängen, der Perlenkette und den verschiedenen Armbändern unterstreichen sie den festlichen Schmuck der Frau. Die Deutung dieser Szene war lange Zeit umstritten. Bob Haak fasst 1984 den Forschungsstand wie folgt zusammen:


„undoubtly one of the most fascinating and pictorially of all his creations. It will probably never be possible to determine wether this painting is a true double portrait of some unknown couple, or a picture of a man and woman posing as biblical or historical figures, or a representation of some specific biblical story. (Isaak and Rebecca or Jacob and Rachel, for example)“*


* Bob Haak. The golden Age, Dutch Painters of the Seventeenth Century. Hary N. Abrams Inc. Publishers. New York 1984, S.358


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