Begegnung in Amsterdam
Michael Cornelius Zepter — Seite 10 (Isaak und Rebecca)


Isaak und Rebecca

In der zugehörigen Zeichnung* ist die Zuwendung offener: Isaak wird hier im Profil mit einer Art Turban dargestellt. Er und Rebecca lächeln deutlich; das Spiel der Hände ist anders, direkter im Zugriff, zugleich aber nicht so differenziert und vieldeutig wie im Gemälde; das gilt vor allem für Rebecca. Erkennbarer auch, dass Rebecca auf Isaaks Schoß sitzt. In der rechten oberen Ecke ist die Andeutung eines Kopfes zu sehen, der aus einem Fenster blickt (ebenfalls mit Turban). Der Hintergrund: Pflanzenkübel auf Balustrade, Hauswand mit Eckpilaster, ein Park, alles ist in ähnlicher Weise auf dem Gemälde zu finden; allerdings fehlt dort die Person des Abimelech. So wird der Betrachter vor dem Gemälde selbst zum Voyeur, nimmt die Stelle des beobachtenden Abimelech ein. Die ganze Komposition des Gemäldes ist gegenüber der Zeichnung zusammengestaucht, geklärt und verdichtet. [Aus diesem Grund kann man vermuten, dass die Zeichnung vor, nicht parallel zum Gemälde entstand].

Die Zeichnung nimmt ein Motiv Raffaels aus den Loggien des Vatikan auf, das Rembrandt durch einen Reproduktionsstich bekannt gewesen sein mag. Bei Raffael ist das biblische Paar wesentlich jünger, die Umarmung enger und heftiger. Rebecca hat ihr rechtes Bein über den Oberschenkel ihres Gatten geschlagen und deutet damit in der Bildsprache der Zeit intimen Verkehr an. Formales Vorbild für den Kübel in der Rembrandtzeichnung ist ein ovaler Tisch bei Raffael am gleichen Ort, auch die Balustrade und der Eckpilaster ist bei Raffael schon vorgegeben.** Entsprechend der zeitgenössischen niederländischen Bibelübersetzung, die das hebräische Wort „zachak“ (=geschlechtliche Gemeinschaft) mit dem wesentlich abge-schwächten Wort „Scherzen“ übersetzt, ist auch Rembrandts Darstellung zurückhaltender. Dies hat in der Vergangenheit zu Fehldeutungen geführt; so kann noch Wilhelm Bode 1883 väterliche Zuneigung vermuten, wo eheliches Liebesspiel dargestellt wurde.***

Das Bild Rembrandts, so zeigte eine Restaurierung, ist nachträglich nicht beschnitten worden, es handelt sich also um eine echte Herauslösung. Tümpel: „Dadurch wird die eheliche Liebe zwischen Isaak und Rebecca so intensiviert und durch die Zurücknahme aller aufdringlichen Motive in überhöhter Form dargestellt, dass in diesem Historienbild zugleich so etwas wie ein Loblied auf die eheliche Liebe mitklingt.“****


* Rembrandt: Isaak und Rebecca von Abimelech belauscht. Federzeichnung o.J., 14,5 x 18,5cm, New York; Slg. Kramarsky

** S. Badalocchio: Isaak und Rebecca von Abimelech belauscht. Reproduktionsstich nach Raffaels Fresko in den Loggien des Vatikan. In: Badalocchio-Lanfranco, Historia del testamento Vecchio..., 1607, Blatt 22.

*** „Oder ist sie, wie es dem Alter und Ausdrucke, wenn auch nicht den Gesten entspricht, eine Braut, die der Vater aus dem elterlichen Hause entlässt? Diese Auffassung liegt der alten Benennung [Judenbraut; Anm. d. V.] zugrunde.“ In: Wilhelm Bode. Studien zur Geschichte der Holländischen Malerei. Braunschweig 1883. Anm. S. 553 Nach R. H. Fuchs erhielt das Gemälde übrigens erst um 1825 den Titel „Die Judenbraut“

..**** Tümpel. Studien zur Ikonographie. a. a. O. S. 167.


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