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Macchia Ernst
van
de Wetering hat sich ausführlich mit der Maltechnik des
späten Rembrandt beschäftigt.* Nach seinen
Forschungsergebnissen ist sie nicht allein Ausdruck individueller
Entwicklung sondern entspricht — in Anlehnung an das
Alterswerk
Tizians und seiner Würdigung bei Vasari —
zeitgenössischen Ideen über die „grobe und
feine
Manier“. Für die Methode, mit scheinbarer
Achtlosigkeit in
der Pinselführung, ja selbst unter Verwendung
ungestümer
Pinselstriche und vom Zufall bestimmtem Farbauftrag große
Wirklichkeitswiedergabe zu erreichen, gibt es Parallelen zur nonchalant
lässigen Haltung des Höflings. Beides hat Baldessare
Castiglione mit dem Ausdruck sprezzatura
(Lässigkeit) belegt. Die
freie Primamalerei ohne Vorzeichnung ermöglichte es Tizian,
die
Darstellung und Komposition seiner Bilder während des
Malprozesses
abzuändern („pentimento“). Dem disegno
als Planungs- und Kontrollinstrument tritt das colorito
der tonigen Malerei aus dem Fleck entgegen, der festen Rezeptur der
Zeichnung und der „feinen Manier“ in der Malerei
bietet der
freie Pinselduktus eine „abenteuerliche
Entwicklung“. Auch
im Werk Rembrandts, vor allem in seinem Spätwerk, sind solche
freien Änderungen zu finden, wie man durch
Röntgenuntersuchungen feststellen konnte. Alle diese wirklich
erstaunlichen Erkenntnisse moderner ikonographischer und maltechnischer
Forschungen haben die Frage nach dem Rätsel dieses Bildes
nicht
lösen können. Vor allem nicht die Frage, warum das
Bild den
Namen „Judenbraut“ erhielt. * Ernst van de Wetering. Rembrandts Malweise - Technik im Dienst der Illusion; in: Rembrandt, Der Meister und seine Werkstatt - Gemälde. Katalog Gemäldegalerie Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Berlin 1991. S. 12-39. ** Giorgio Vasari. Le vite de' più eccelenti pittori, scultori ed architetti... Firenze 1550/1568. Vasaris Lebensbeschreibungen waren 1604 von Carel Mander ins Niederländische übertragen worden. Als Rembrandt geboren wurde, war Tizian gerade einmal dreißig Jahre gestorben. Rembrandts Lehrer Jacob Isaacsz und Pieter Lastmann hatten sich im Übrigen beide lange in Italien aufgehalten und mit Sicherheit von dort kunsttheoretisches Gedankengut mit nach Holland gebracht. |