Der Mantel
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Alfred Roller: Turandotmantel    
(lat. mantelum: "Hülle, Decke"; ahd. mantal )

Die Entwicklung des Mantels lässt sich zurück verfolgen bis in die Frühsumerische und Frühdynastische Periode Mesopotamiens (ca. 3500-2100 v. Chr.), wo Frauen ein Stoffrechteck so um den Körper legten, dass die rechte Schulter und die rechte Brust unbedeckt blieben. Erst im Neuen Reich Ägyptens (1551-1070 v. Chr.) bedeckte ein Umhang Oberkörper und Arme der vornehmen Bürger. Wie auch in der griechischen und römischen Antike richtete sich die Form des Mantels nach dem sozialen Rang des Trägers bzw. nach dem Zweck. Die Germanen der Bronzezeit trugen einen Umhang aus dunkler Schafwolle, bei Frauen häufig an der rechten Schulter von einer Fibel gehalten. Im frühen Mittelalter trugen die Männer kniekurze, mantel-artige Übergewänder; bis ins hohe Mittelalter hielt sich für beide Geschlechter der Kapuzen-mantel als Reisebekleidung. Der seitliche Verschluss auf der Schulter wechselte nun nach vorne. Verschiedene Mantelmoden entwickelten sich, mal war der Oberkörper mehr verhüllt, mal weniger, außerdem variierte die Länge. Für die Reformationszeit charakteristisch war die Schaube, ein mantelartiges Obergewand für beide Geschlechter. Bis ins 18. Jh. war in Deutsch-land "Mantel" die Bezeichnung für einen ärmellosen Umhang, während eine Überbekleidung mit Ärmeln "Mantelrock" genannt wurde. In der Frauenmode an den europäischen Höfen hielt sich bis ins 18. Jh. der Manteau, ein mantelartiges Oberkleid. Im 19. Jh. wurde der Herrenmantel allgemein "Überzieher" genannt, sein Zweck war vor allem der Schutz des Fracks. In der Frauenkleidung dienten bis Ende des 19. Jh. Schals, Tücher oder Umhänge als Mantelersatz, da die Kleidung mit z.B. Hammelkeulenärmeln oder Krinoline keinen Mantel zuließ. Gefördert durch die enge Mode und die zunehmende Berufstätigkeit der Frauen im Zuge der Welt-wirtschaftskrise setzte sich auch in der Frauenmode Ende der 1870er Jahre der Paletot durch, ein wadenlanger Mantel im Herrenschnitt. Die Mantelformen für Männer hielten sich bis zum Zweiten Weltkrieg, während der Frauenmantel sich mehr und mehr nach seinem Zweck differenzierte, z. B. in Straßenmantel oder Automantel. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden breite Kragen- und Reversformen modern, in den 20er Jahren hatte der Frauenmantel erstmals die gleiche Länge wie das Kleid. Die verschiedensten Mantelformen waren in den folgenden Jahrzehnten nach den Vorschlägen der Haute Couture ausgerichtet und verändert bis heute ständig Länge, Weite, Material und Schnittform.

Susanne Gerhards

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Mantelwahrnehmungen