Drei Gedichte an Barbara
(Winter 1988)

 

I. Warten

Im Puppenhaus rinnt Musik
(Kassetten-Jazz)
fließt Altosax,
tropft Schlagstock.
Draußen vor den kalten Scheiben
strömt schwarzer Regen.

Gedanken laufen durch den Kopf,
die Augen aus Glas und Papier
drücken nach innen.

Weggerückt die Utopie der Liebe
in den Nebel der Argumente;
still ausgeflossen,
aufgeraucht
wie eine zu schnell verglühte Zigarette.

Aufs Knie drückt die Wade
bedrückend schon die Melodie
– wie spöttisches Locken.
Barbaras Körper
weit weit weg –
zwischen uns verregnete Straßen:
hier warmes Orange
dazwischen tintiges Blau
Die Scheiben spiegeln Innensicht.
Traurigkeit füllt auf sich wie ein Krug,
der überläuft
(ersticke daran).

II. Nachtmeer

Nacht,
als Du endlich kamst
(lange war ich gelegen
in unglücklichem Halbschlaf,
bangend und hoffend)

Nacht,
tiefe, dunkle Nacht.
Nur der schimmernde Türspalt
und einsickerndes Schneelicht.

Tauwasser floß über Deine Schenkel;
auf Deinen Brüsten Sternenstaub.

III. Winterspiel

Jetzt rutscht eine Dachlawine
von meinem Herz
und kleine schwarze Löcher implodieren.
Die Finger fahren Slalom über deinen Leib,
Schneeflocken zwischen deinen Wimpern.
Der Gletscher milcht,
Föhnwolken überm Haar,
ein weißer Flockenteppich ebnet Härten ein
und fremde Sterne brennen über uns.

Zu lange hatte ich allein gelegen;
die Kälte zog den Rücken mir zusammen
und trocken brannte Nacht sich in die Augen.
Jetzt bist du da.

Nur Zärtlichkeiten hast Du Dir erbeten
– verwundet oft, verletzt durch harte Hände.
Schon fast vergessen hatten wir
dass Körper nicht nur geometrisch sind.

Die Abstraktion verdeckt die Melodie des Lachens.
Die Katze kratzt,
Der Hund japst vor der Tür;
dein stiller Atem ist nicht zu benennen;
nur auszukosten ist das Schweben meiner Hand
(gesträubte Härchen, Schauer auf der Haut).

Dein Keuchen bleibt verhalten nur,
um nicht zu stören Hund und Kind;
ein Lachen kurz, beglückt und fast belustigt.
Still spiegeln Kissen, Decke, Tuch
die glatten Falten Deines Leibs.
Der starre Wirbel der Gedanken schmerzt.
Die Zeit steht still
– und abstrahiert zum Bild.

Michael Zepter, Schneebusen, Fotomontage 2015

 

 

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